Freitag, 2. November 2018

Raste nicht, Seele

 Raste nicht, Seele












Raste nicht, Seele, wenn Regen noch fällt.
Trägt nicht das Klingen der Nacht deine Welt?
Ruht nicht dein Wahnsinn auf uns’rer Natur?
Raste nicht, Seele, wir lauschen dir nur.

Gräm‘ dich nicht, Seele, der Morgen bricht an,
dort, wo dereinst all dein Wachsen begann.
Haben das Dunkel nicht wir dir vermacht?
Gräm‘ dich nicht, Seele, wir sind deine Nacht.

Schaud’re nicht, Seele, wir treiben dich um,
tanzen bedacht um dein Dasein herum
und lesen, was dereinst du „heimlich“ genannt.
Schaud’re nicht, Seele, du wurdest erkannt.

Wehr‘ dich nicht, Seele, es führt doch zu nichts,
wir sind doch schon, was dir im Inneren sitzt.
Wir halten den Maßstab dafür, was dich lehrt,
wehr‘ dich nicht, Seele, du wirst doch begehrt.

Raste nicht, Seele, wir folgen dir nach,
willst du allein sein, so werde erst wach.
Denn das, was dich umtreibt, riefst du erst ins Licht,
d’rum raste nicht, Seele, das rettet dich nicht.





Illustration: Leif Günter
Text: Filia Umbrae, 29.9.2018

Filia Umbrae schreibt seit ihrem zehnten Lebensjahr Gedichte und studiert in Wien Philosophie.

Ihre großen Helden sind Rilke, Novalis, Goethe, Schiller und Spitteler, deren Einfluss sich in ihren vorranging (schwarz-)romantischen Gedichten immer wieder bemerkbar macht.

Die Schwerpunkte liegen im Leben, Fühlen und Wahrnehmen der Welt und ihrer Mysterien.

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