Freitag, 2. Februar 2018

Der Winter

Der Winter, der Große, heimlicher König der Jahreszeiten; gewandet in Frost und Nacht, in die weiße Majestät der Einsamkeit, umhüllt von schweren Wolken, gefürchtet unter den Tieren und unter den Menschen, ersehnt, genossen und verflucht: Der Winter.

Im November wird die Sonne klein, scheint fern, durch den Nebel hindurch, Nachtschatten und Steinmarder, an Waldrändern, Nebel und Kälte, auf der Ebene, in Straßen, auch in den Parks, auch in den Städten. Kleine Lichter und Kerzen, auf den Tischen, an den Fenstern, in den Herzen.
Im November steht der Mensch an den Gräbern seiner Ahnen am Allerseelentag und friert. Das Licht wird dünn in diesem Monat, das Jahr wird spät und entblättert sich, wie Papier, wie dünnes Reispapier in der Luft, jagt davon, flieht vor uns, so scheint es, fort, und unserem Wollen und den Plänen, die, so scheint es, alle nichts sind.

„Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind's achtzig Jahre, und worauf man stolz ist, das war Mühsal und Nichtigkeit; denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon.“ (Psalm 90,10)

Im Dezember dann fällt Schnee. Dezember ist der Monat des Wartens, der Erwartungen, vor dem Weihnachtsfest, vor dem Jahresende, Zeit Bilanz zu ziehen und wieder Pläne zu machen, zaghaft und müde, aber doch nicht ohne Mut. Am Tag der Wintersonnenwende hört man die Kirchenglocken läuten auf den Dörfern und über das Land. Es ist finster geworden, aber doch sind die Menschen nicht ohne Hoffnung.

Das Jahr geht dem Ende zu, dennoch, und gerade deswegen, erscheint uns das Christfest. Mancher gedenkt des Erscheinens des Erlöser der Welt, mancher Mensch fragt sich, wo die Zeit geblieben ist, und mancher Mensch zählt noch sein Geld; im Dezember.

Man hüllt sich in Decken, man lauscht. Es ist finster geworden, aber wir sind doch nicht ohne Hoffnung, und nicht ohne Mut - im Dezember.

Jahreswechsel. Januar. Februar. Tage des wachsenden Lichts. Klarer, blauer Himmel. Weiße Felder in den Umlanden, Bäche unter Eisschichten verborgen – noch, in den Tagen des wachsenden Lichts.
Das Licht wächst, und mit ihm die Tatkraft. Das Licht wächst, und mit ihm irgendwann das Grün wieder. Das heitere, große Grün, bis es das Land sich schließlich neu erobert und neu bedeckt,
fort und fort und fort; bis der Welt schließlich dann der Frühling wieder erscheint.

„Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben,
Es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben
Aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder
Und festlich machen sich Gesang und Lieder.

Das Leben findet sich aus Harmonie der Zeiten,
Daß immerdar den Sinn Natur und Geist geleiten,
Und die Vollkommenheit ist Eines in dem Geiste,
So findet vieles sich, und aus Natur das meiste.“

(- Friedrich Hölderlin)





Text: C. Păduraru

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