Freitag, 2. Februar 2018

Winterbräuche in Bayern

(Erzählt aus kundigem Mund und nach bestem Wissen und Gewissen aufgeschrieben vom Autor)

Wenn im Oktober das Jahr in sein letztes Viertel eintrat, war der Zeitpunkt, an dem die letzten Arbeiten an der Futterrübenernte getan waren. Die Rüben waren aus der Erde geholt und eingelagert. Wer keinen passenden Keller zur Rübenlagerung besaß, legte sich eine „Rübenmiete“ („Groum“) dazu an.

Mit dem Kommen der kalten Jahreszeit, wenn alle Ernten abgeschlossen waren, fing für die Landwirte, die über eigenen Wald verfügten, auch die Zeit für die Arbeit im Wald an. Die Bäume befanden sich in der winterlichen „Saftruhe“, ihr Holz war deswegen trockener und besser als Brennmaterial geeignet, weshalb der Winter die beste Zeit für „das Holz“ war. Im Winter, wenn nichts gesät und nichts geerntet wurde, ging es daher zur Arbeit in den Wald hinaus, für das jetzt benötigte Brennholz.
Für die Tiere des Waldes ist die Brut- und Setzzeit im Winter vorbei, die Waldarbeiten stören sie nun am wenigsten.

Am Vorabend des dreizehnten Dezembers ging die „schiache Luz“ durch die Dörfer, eine Schreckgestalt mit Wurzeln in noch heidnischer Zeit. Die „Luz“, schrecklich anzusehen und mit einer Sichel in der Hand, wurde angeblich in manchen Regionen mit kleinen Essensgaben vor der Haustür geehrt, auf dass sie die Felder segne. Den Kindern machte man hingegen Angst: „Pass auf, sei brav, sonst holt dich die Luz!“



Leif Günter: Die "Luz"



Am Heiligen Abend bekamen selbst die Kühe ein spezielles und handverlesenes Heu. Erzählt nicht eine Sage davon, dass die Tiere in der Heiligen Nacht manchmal sprechen können und die Zukunft vorhersagen?
Die Christmette fand in früheren Zeiten erst um Mitternacht statt, und so manches Kind freute sich, wenn es für alt genug befunden wurde, das erste Mal selbst zu dieser besondere Andacht in jener Lichtnacht mitgenommen zu werden.
Auch nach der Christmette ging das Dorf nicht sofort zur Ruhe, sondern es war der Brauch, den Nachbarn oder einen Bekannten z. B. noch auf einen Punsch in die gute Stube einzuladen. So wurde es darüber oft späte Nacht, und das pünktliche und frühe Aufstehen am nächsten Morgen zur Stallarbeit war dementsprechend keine reine Freude.

In der Zeit nach den Weihnachtsfeiertagen gab es in manchen Orten den Brauch der Christbaumversteigerung. Örtliche Vereine, die Feuerwehr oder die Pfarrgemeinde sammelten kleine Gaben, Lebensmittel oder Nützliches, bei den Leuten der Gegend ein. Diese wurden dann am Abend der Christbaumversteigerung an die Zweige eines bereits von seinem Weihnachtsschmuck befreiten Christbaums gehängt. Nun wurde im örtlichen Wirtshaus dieser Baum und das daran hängende Zweig für Zweig höchstbietend für einen guten Zweck versteigert. Für die Dorfleute war dieser Abend ein willkommener Anlass für Geselligkeit, aber auch dazu, den eigenen Wohlstand und Gemeinschaftssinn durch möglichst großzügige Gebote vor aller Augen zu zeigen.

Das waren Bräuche und Gepflogenheiten aus Niederbayern, wie sie vor gut sechzig Jahren noch begangen worden sind. Über manches davon mag sich gewiss Zeit und Vergessenheit gelegt haben und anderes an seine Stelle getreten sein.



Text: Tobias Amann
Illustration: Leif Günter


Der Künstler:
Leif Günter hatte mit 2 Jahren zum ersten mal Stifte in der Hand. Fachabitur Gestaltung im Jahr 2004 an der Staatlichen FOS in Nürnberg. Suchender, Anders-Denker, mag elektronische Musik, Kunst und Comics, liebt es Tee trinken, meditiert unregelmäßig.

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