Der Winter, der Große, heimlicher
König der Jahreszeiten; gewandet in Frost und Nacht, in die weiße
Majestät der Einsamkeit, umhüllt von schweren Wolken, gefürchtet
unter den Tieren und unter den Menschen, ersehnt, genossen und
verflucht: Der Winter.
Im November wird die Sonne klein,
scheint fern, durch den Nebel hindurch, Nachtschatten und
Steinmarder, an Waldrändern, Nebel und Kälte, auf der Ebene, in
Straßen, auch in den Parks, auch in den Städten. Kleine Lichter und
Kerzen, auf den Tischen, an den Fenstern, in den Herzen.
Im November steht der Mensch an den
Gräbern seiner Ahnen am Allerseelentag und friert. Das Licht wird
dünn in diesem Monat, das Jahr wird spät und entblättert sich, wie
Papier, wie dünnes Reispapier in der Luft, jagt davon, flieht vor
uns, so scheint es, fort, und unserem Wollen und den Plänen, die, so
scheint es, alle nichts sind.
„Unser Leben währt
siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind's achtzig Jahre, und
worauf man stolz ist, das war Mühsal und Nichtigkeit; denn es fährt
schnell dahin, als flögen wir davon.“ (Psalm 90,10)
Im Dezember dann fällt Schnee.
Dezember ist der Monat des Wartens, der Erwartungen, vor dem
Weihnachtsfest, vor dem Jahresende, Zeit Bilanz zu ziehen und wieder
Pläne zu machen, zaghaft und müde, aber doch nicht ohne Mut. Am Tag
der Wintersonnenwende hört man die Kirchenglocken läuten auf den
Dörfern und über das Land. Es ist finster geworden, aber doch sind
die Menschen nicht ohne Hoffnung.
Das Jahr geht dem Ende zu, dennoch, und
gerade deswegen, erscheint uns das Christfest. Mancher gedenkt des
Erscheinens des Erlöser der Welt, mancher Mensch fragt sich, wo die
Zeit geblieben ist, und mancher Mensch zählt noch sein Geld; im
Dezember.
Man hüllt sich in Decken, man lauscht. Es ist
finster geworden, aber wir sind doch nicht ohne Hoffnung, und nicht
ohne Mut - im Dezember.
Jahreswechsel. Januar. Februar. Tage
des wachsenden Lichts. Klarer, blauer Himmel. Weiße Felder in den
Umlanden, Bäche unter Eisschichten verborgen – noch, in den Tagen
des wachsenden Lichts.
Das Licht wächst, und mit ihm die
Tatkraft. Das Licht wächst, und mit ihm irgendwann das Grün wieder.
Das heitere, große Grün, bis es das Land sich schließlich neu
erobert und neu bedeckt,
fort und fort und fort; bis der Welt
schließlich dann der Frühling wieder erscheint.
„Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben,
Es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben
Aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder
Und festlich machen sich Gesang und Lieder.
Das Leben findet sich aus Harmonie der Zeiten,
Daß immerdar den Sinn Natur und Geist geleiten,
Und die Vollkommenheit ist Eines in dem Geiste,
So findet vieles sich, und aus Natur das meiste.“
(- Friedrich Hölderlin)
Text: C. Păduraru